Märchenhaftes
im Mittelalter-Kloster
Aus dem privaten Engagement einer Lehrerin
ist eine Traditionsreihe geworden: Zum zehnten
Mal verschönern die Schleswiger Märchentage
im stimmungsvollen St.-Johanniskloster die
Vorweihnachtszeit an der Schlei.

Alte
Geschichten in einem alten Gemäuer: Stimmungsvolles Ambiente
bei den Schleswiger
Märchentagen (Erzähler: Hein Benjes,
Bremen)
Das Ambiente könnte für die romantischen
Erzählungen aus tiefer Vergangenheit
passender nicht sein: Ein gotisches Kreuzrippengewölbe,
Kronleuchter, überaus farbenprächtige
Fußbodenfliesen und verzierte Fenster
bilden im Schleswiger St.-Johanniskloster
in diesem Jahr zum zehnten Mal den Rahmen
für die Schleswiger Märchentage.
15 Erzähler aus nah und fern geben
noch bis einschließlich zum Wochenende
Geschichten von Prinzen und Prinzessinnen,
von Feen, Kobolden und magischen Kräften
zum Besten. Schwerpunktthema diesmal: Liebesmärchen.
Die
alle zwei Jahre im am besten erhaltenen
mittelalterlichen Kloster Schleswig-Holsteins
stattfindende Veranstaltungsreihe ist dem
ehrenamtlichen Engagement einer Lehrerin
zu danken: Hanne Schrader, die an der Danewerk-Realschule
im Stadtteil Friedrichsberg Deutsch und
Kunst unterrichtet. Sie hat die Märchentage
ins Leben gerufen, "um Erwachsenen
in der Vorweihnachtszeit ein Stück
Kindheitserinnerung zurückzugeben -
und um die Kinder von heute überhaupt
erst mit den Jahrhunderte alten Stoffen
vertraut zu machen". Deshalb gliedert
sich das Programm an den Werktagen in zwei
Teile: Vormittags sind seit Montag dieser
Woche jeweils zwei Termine für Schüler
dran, nachmittags folgt nochmals ein Kinderprogrammpunkt.
Der Abend dann ist den großen Besuchern
gewidmet. Seit dem vergangenen Wochenende
läuft die diesjährige Auflage
der Märchentage mit insgesamt 21 "Vorstellungen".
Auf
Kongressen der Europäischen Märchengesellschaft,
deren häufiger Gast Schrader ist, lernt
sie immer wieder neue in speziellen Seminaren
ausgebildete Erzähler kennen. Aus diesem
Fundus bestückt die Organisatorin das
Personal der Schleswiger Märchentage.
Selbst aus Leipzig und Hessen kommen mittlerweile
Erzähler an die Schlei. Andere sind
in der Region zu Hause: Der wohl bekannteste
Name unter den Akteuren ist Klaus Dörre
aus Neukirchen an der Flensburger Außenförde.
"Die Schleswiger Märchentage prägt
eine besondere Herzlichkeit", findet
er. "Nicht zuletzt durch diese Veranstaltung
werden die Menschen in der Region für
Märchen immer offener." Dörre
hat sich vor über zehn Jahren mit seinem
Märchenatelier "Die grüne
Schlange" selbstständig gemacht
und lebt mittlerweile vom Geschichtenerzählen.
Wobei erzählen im traditionellen Verständnis
zu kurz gegriffen ist: Dörre &
Co arbeiten wie Schauspieler mit Stimme
und Gesten, und drumherum verstärken
Klangschalen, Silberkugeln oder indianische
Tonflöten die verwunschene Atmosphäre.
Die orientalischen Märchen, diesmal
zum Abschluss am Sonnabendabend, werden
traditionell von einer Kombination aus Bauch-
und Schleiertanz begleitet. "Dabei
ist dann auch das Interesse männlicher
Besucher an Märchen immer ganz besonders
groß", stellt Schrader augenzwinkernd
fest. Allgemein prägt die Publikumsreihen
eine Tendenz zum Frauenüberschuss.
2100
Besucher zählten die Märchentage
beim letzten Durchgang 2004, und Hanne Schrader
ist zuversichtlich, dass die jetzige Auflage
diese Zahl mindestens halten kann. Karten
gibt es ausschließlich an der Abendkasse.
Schleswiger
Nachrichten , 14.12.2006 (Original-Artikel
als JPG-Bild)
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